Künstliche Beatmung: Was nun?

Wichtige Fragen zu invasiver Beatmung und Trachealkanüle

Wenn ein Mensch in Folge eines Unfalls, einer neurologischen Erkrankung oder eines Schlaganfalles auf die Versorgung mit einer Trachealkanüle oder auf eine invasive Beatmung angewiesen ist, stehen Sie als Verwandte, Verwandter oder nahe Freundinnen und Freunde oftmals vor zahlreichen Fragen.
Diese FAQ und die Broschüren, die zum Download bereitstehen, geben Ihnen Antworten auf einige dieser Fragen. Wir möchten Sie dabei unterstützen, die richtigen Entscheidungen für Ihre Angehörigen zu treffen.

Warum ist manchmal die invasive Beatmung notwendig?

Nach einem Schlaganfall, einem Unfall oder einer schweren Erkrankung ist es manchmal medizinisch notwendig, die Betroffenen künstlich zu beatmen.

In dieser Zeit wird die natürliche Atmung, die „Spontanatmung“, unterbrochen. Die Atemmuskulatur verliert deswegen an Kraft.

Vielen gelingt es nach Beendigung der künstlichen Beatmung schnell, das eigenständige Atmen wieder aufzunehmen. Doch vor allem bei älteren Menschen oder Personen, die aufgrund der Schwere ihrer erworbenen Hirnschädigung über eine lange Zeit künstlich beatmet wurden, reichen die
Kraftressourcen manchmal nicht mehr aus, um selbstständig wieder mit der Spontanatmung zu beginnen. Sie müssen weiter invasiv beatmet werden.

Diese Menschen sind auf intensive Pflege und Therapie angewiesen, um wieder die nötige Atemmuskulatur für ein Leben ohne Beatmungsgerät aufzubauen. Dies ist ein langwieriger Prozess. Doch in vielen Fällen ist er möglich.

Warum ist manchmal eine Trachealkanüle notwendig?

Eine häufige Ursache für den Verbleib einer Trachealkanüle sind Schluckstörungen (Dysphagien). Diese sind oft die Folge von Beschädigungen bestimmter Hirnareale, die für den Schluckakt verantwortlich sind.

Durch die Schluckstörung besteht die Gefahr, dass Speichel, Sekrete oder Essensreste verschluckt werden (Aspiration). Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit von Lungenentzündungen oder weiteren  Komplikationen. In diesen Fällen werden die Betroffenen mit einer Trachealkanüle versorgt.

Information zu Trachealkanülen

Trachealkanülen dienen dem Schutz der Betroffenen. Für das Anlegen ist eine Tracheotomie (Luftröhrenschnitt) notwendig.

Geblockte und ungeblockte Kanülen:
Kanülen werden mit einer kleinen, aufblasbaren Manschette aus Gummi oder Kunststoff geblockt damit beispielsweise kein Speichel in die Luftröhre gelangen kann. Geht es den Betroffenen besser, wird eine ungeblockte Version eingesetzt, um schrittweise an einen Alltag ohne Kanüle heranzuführen. Mit ungeblockten Kanülen können die Atemwege weiterhin abgesaugt werden. Bei einem weiterhin positiven Rehabilitationsverlauf kann unter ärztlichen Aufsicht auch diese Kanüle entfernt werden.

Warum man das Atmen und Schlucken wieder lernen kann

Die Ursachen für die invasive Beatmung oder Schluckstörungen sind vielfältig und oft sehr komplex. Deswegen ist es leider nicht für alle betroffenen Menschen möglich, wieder unabhängig von der Trachealkanüle und/oder dem Beatmungsgerät zu werden.

Bei vielen Menschen bestehen jedoch Hoffnungen auf eine Entwöhnung oder zumindest erhebliche Verbesserung ihres Zustandes. Sprechen Sie daher in jedem Fall zunächst mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten über die Therapiemöglichkeiten.

  • Die Voraussetzung für eine Entwöhnung ist eine qualitativ hochwertige Pflege durch ausgebildete Fachkräfte sowie eine intensive Unterstützung durch Atmungstherapie, Logopädie, Physiotherapie und Ergotherapie.

Sie können den Betroffenen deswegen helfen, da sich das Gehirn jedes Menschen an veränderte Rahmenbedingungen anpassen kann. Fachleute nennen dies die „Neuroplastizität“ des Gehirns. Das bedeutet, dass Betroffene durch wiederholtes Training verloren gegangene Fähigkeiten wieder neu lernen können.

Wie kann man das Atmen und Schlucken trainieren

Invasiv beatmete Menschen werden zunächst so weit gefördert, dass sie für einen kurzen Zeitraum ohne Beatmungsgerät atmen können. In der Regel sind das zunächst nur wenige Minuten. Doch durch intensives Training können diese „Spontanatmungsphasen“ schrittweise verlängert werden.

Die Zeiten der Beatmung durch das Beatmungsgerät sinken, die Spontanatmungsintervalle steigen. Im besten Falle werden die Betroffenen wieder völlig unabhängig vom Beatmungsgerät.

  • Bei neurologischen Dysphagien trainieren die Betroffenen unter fachlicher Anleitung das Schlucken und steigern dabei – wie beim Atmen – schrittweise die Intensität.
  • Zunächst führen sie nur Übungen durch. Anschließend beginnen sie zu trinken, bis sie schließlich wieder leichte und normale Kost zu sich nehmen können. Wenn dies möglich ist, wird die Trachealkanüle „entblockt“.
  • Das endgültige Entfernen der Trachealkanüle oder die Entwöhnung vom Beatmungsgerät (sog. „Weaning“) erfolgt ausschließlich in der Klinik.

Warum ist die Pflege im Rehabilitationsprozess so wichtig?

  • Fähigkeiten, die aufgrund erworbener Hirnschädigungen verloren gegangen sind, lassen sich nur durch regelmäßiges Training wiedererlangen.

Deswegen ist eine gute und aufbauende Pflege für einen gelingenden Rehabilitationsprozess so wichtig. Wir nennen sie „aktivierende Pflege“.

Aktivierende Pflege

Unsere Klientinnen und Klienten erhalten so viel Unterstützung wie nötig, aber so wenig wie möglich.

In der Pflege werden auf diese Weise die Erfolge aus den Therapien weitergeführt. Das Ziel aller Maßnahmen ist die langsame, aber kontinuierliche Steigerung der körperlichen Belastung.

Denn durch eine regelmäßige Belastungssteigerung können Menschen mit invasiver Beatmung oder Trachealkanüle ihren Weg zurück zu einem selbstbestimmten Alltag gehen. Eine aktivierende Pflege und eine teilhabeorientierte Therapie arbeiten unter dieser Zielsetzung Hand in Hand.

Wie finde ich die beste Unterstützung für meine Angehörigen?

Sprechen Sie zunächst mit den Ärztinnen und Ärzten in der Klinik darüber, ob bei Ihren Angehörigen eine Entwöhnung vom Beatmungsgerät und/oder der Trachealkanüle möglich ist.

  • Sollte nicht mehr entwöhnt werden können, unterstützt Sie der Sozialdienst der Klinik auf der Suche nach geeigneten Folgeinstitutionen.
  • Wenn die Entwöhnung möglich ist, können Sie mit Unterstützung des Sozialdienstes, Ihrer Krankenkasse und den unten genannten Portalen nach einem Angebot suchen, das durch eine wertschätzende und teilhabeorientierte Grundhaltung geprägt ist.

Besonders wichtig ist, dass der Träger dieses Angebotes eindeutig das Ziel verfolgt, seine Klientinnen und Klienten bei der Entwöhnung von der Trachealkanüle oder dem Beatmungsgerät zu unterstützen. Eines dieser Angebote ist der Fachbereich Außerklinische Intensivpflege der Fürst Donnersmarck-Stiftung.