Hörbericht von der Forschungspreisverleihung 2015
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Foto: Fürst Donnersmarck-Stiftung
Heidrun Pickenbrock (Belobigte), Dr. Christian Schlenstedt (Belobigter),Dr. Donatella Mattia (Belobigte), Prof. Wolfgang Deppe (Belobigter), Prof. Karl Wegscheider (Jurymitglied), Fürst von Donnersmarck (Kuratoriumsvorsitzender), Prof. James F. Malec (Preisträger), Prof. Stefan Knecht (Preisträger), Prof. Paul-Walter Schönle (Juryvorsitzender), Thomas Golka (Organisator des Forschungspreis), Wolfgang Schrödter (Geschäftsführer) v.l.n.r.
von Klaus Fechner - www.reichweiten.net
Der Internationale Forschungspreis zur Neurorehabilitation der Fürst Donnersmarck-Stiftung wurde am 20.11. 2015 in Berlin vergeben. Den mit 30.000 Euro dotierten Preis teilten sich zwei Forscherteams. In seiner Begrüßungsrede betonte der Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung, Guidotto Fürst von Donnersmarck:

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Kuratoriumsvorsitzender der Fürst Donnersmarck-Stiftung Guidotto Fürst von Donnersmarck
Wir legen seitens der Stiftung großen Wert darauf, dass die Preisträger sich untereinander kennenlernen, um ein Netz von mit der Stiftung vertrauten Persönlichkeiten aus der Wissenschaft zu bilden. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie Kontakte zu anderen Preisträgern und Belobigten herstellen und nutzen würden. Und selbstverständlich freuen wir uns ganz besonders, wenn Sie der Stiftung auch nach der Preisverleihung nahestehen.
Den Festvortrag hielt Prof. Martin Härter vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Sein Thema war „Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen und in der Forschung“. Demnach hätten Ärzte heute mehr eine Position als Partner des Patienten inne. Und auch in der Forschung ändere sich die Rolle des Patienten:

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Prof. Dr. Dr. Martin Härter
Es geht also weniger darum, dass wir weiterhin die Forschung so betreiben, dass wir über jemanden forschen, sondern es geht darum, dass wir mit jemand forschen und durch jemand forschen. Also, Patienten und Betroffene richtig beteiligt werden. Dass sie nicht nur beraten, sondern wirklich kooperativ mitarbeiten und letztendlich eine Kontrolle ausüben. Was braucht es dazu? Zusammenarbeit natürlich. Man muss mit den Forschungsgeldgebern die Themen eruieren, man braucht sie in den Lenkungsausschüssen, die darüber entscheiden. Man muss sie einbeziehen in die Begutachtung dieser Forschungsprojekte. Und möglicherweise auch konkret in die Forschung.
Der erste der beiden Preisträger des Forschungspreises ist Prof. Stefan Knecht, Leiter Rehabilitive Neurowissenschaften im Institut für Klinische Neurowissenschaften der Heinrich-Heine-Universität und Ärztlicher Direktor der St. Mauritius Therapieklinik. Seine Studie beschäftigt sich mit den Potentialen neurologischer Rehabilitationsmaßnahmen für ältere Menschen. Er belegt: Alte Patienten machen in der Relation zu jüngeren Patienten genauso große Fortschritte bei intensiven Rehamaßnahmen. Die Studie stellt aufgrund des bisherigen Verzichts auf intensive Rehabilitation gerade bei alten Patienten herkömmliches medizinisches Handeln in Frage.

Prof. Dr. Dr. Paul-Walter Schönle, Juryvorsitzender und Mitglied des Kuratoriums der Fürst Donnersmarck-Stiftung
Ein weiteres Ergebnis fasst der Juryvorsitzende Prof. Paul-Walter Schönle in seiner Laudatio zusammen:
Das Ausmaß der funktionellen Wiederherstellung, das ist ein weiterer wichtiger Punkt, hängt vom Ausmaß der Therapie ab. Das bedeutet, mehr hilft mehr. Und viel hilft noch mehr. Viertes Ergebnis: Diese Dosis-Wirkungs-Beziehung ist unabhängig vom Alter. Auch im höheren Alter gilt: Mehr ist mehr.

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Preisträger Prof. Dr. med. Stefan Knecht
Der Ausgezeichnete selbst blickt nach vorne und sieht weitere Forschungsansätze. Prof. Stefan Knecht:
Mit diesem Ansatz kann man jetzt sagen, Alter spielt keine Rolle für die Effektivität einer Maßnahme. Trainingsintensität spielt eine Rolle. Aber wir können natürlich weitergehen. Wir können fragen: Welche Rolle spielt denn die Zeit zwischen einem Ereignis, zum Beispiel Schlaganfall, und dem Beginn der Rehabilitation? Diese Frage kann mit diesem Ansatz beantwortet werden. Wir können auch andere Frage stellen: Welche Rolle spielt die Versicherung, der Versicherungsstatus zum Beispiel? Wie sieht es aus mit der sozialen Unterstützung? Wir reden von tausenden, mittelfristig von zehntausenden Patienten, die wir beobachten. Da können wir auch sagen, welche Rolle haben bestimmte Medikamente für den Verlauf?

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Jurymitglied und Mitglied des Kuratoriums Prof. Karl Wegscheider
Die zweite Gewinnerstudie stammt von Prof. James Malec von der Indiana University School of Medicine. Er belegt darin die Wirksamkeit neurologischer Langzeitrehabilitationsmaßnahmen mit Hilfe einer eigens entwickelten Datenbank. Jurymitglied und Laudator Prof. Karl Wegscheider betont den Wert der angelegten Datensätze:
Da kann jede Institution in den Vereinigten Staaten einen Datensatz anlegen für Patienten mit erworbenen Hirnverletzungen, die in einer postakuten Neurorehabilitation gewesen sind. Oder auch weiter rehabilitiert werden. Das was ihnen dabei widerfährt wird in dieser Datenbank gespeichert, genauso alle Follow-up-Untersuchungen. Die Teilnahme an dieser Datenbank ist freiwillig für die Kliniken. Es gibt keine gesetzlichen Regelungen. Die Klinken müssen sogar ein wenig dafür bezahlen. Dafür bekommen sie eine Auswertung zu ihren eigenen Patienten. Das ist für die Arbeit der Einrichtungen eine extrem wichtige Sache.

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Preisträger Prof. James F. Malec Ph. D.
Für den Preisträger, Prof. Malec, liegt die Bedeutung der Datenbank in der weltweiten Anwendbarkeit:
Ein weiterer Meilenstein in dieser Arbeit war die Nationale Datenbank, die wir mit dem NIH zusammen erarbeitet haben. Auch in Zusammenarbeit mit Software-Unternehmen, die ganz spezielle Software-Lösungen entwickelt haben. Und auch mit dem Oregon Research Institut. Auf diese Datenbank können nun praktizierende Ärzte in den ganzen USA zugreifen. Aber auch weltweit.

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Zusätzlich zu den beiden preiswürdigen Forschungsarbeiten wurden auch fünf Einreichungen aus Deutschland und Europa wegen ihrer Bedeutung für neurorehabilitative Forschung belobigt. Auf diese Weise geehrt wurden die Arbeiten von Prof. Wolfgang Deppe, Dr. Donatella Mattia, Dr. Christian Schlenstedt, Heidrun Pickenbrock und Prof. Georg Kerkhoff. Der Forschungspreis der Fürst Donnersmarck-Stiftung wurde zum vierten Mal vergeben. In diesem Jahr beteiligten sich 59 Forscher aus vier Kontinenten.